Mandanteninfos aus dem Wirtschafts-, Arbeits- & Sozialrecht
Steuernews zu Verbraucherschlichtung, Ruhegeld- & Betriebskostennachzahlungen uvm.
Die Bundesregierung hat am 18.11.2020 den vom Justizministerium vorgelegten
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Verbraucherdarlehensrechts zur
Umsetzung der Vorgaben aus zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) beschlossen.
Nach den Änderungen soll ein Darlehensnehmer bei vorzeitiger Rückzahlung
ein Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Darlehens entsprechend
der verbleibenden Laufzeit des Vertrages haben. Der EuGH hatte entschieden,
dass diese Ermäßigung auch laufzeitunabhängige Kosten - dies
sind beispielsweise Entgelte der Banken für eine einmalig erbrachte Leistung
- umfasst.
Über das einem Verbraucher zustehende 14-tägige Widerrufsrecht hat
der Kreditgeber im Vertrag zu informieren. Damit die 14-tägige Widerrufsfrist
beginnt, müssen die Kreditgeber insbesondere wichtige gesetzliche Pflichtangaben
an die Verbraucher übermitteln. Derzeit werden Darlehensnehmer hierbei
zum Teil auf die maßgeblichen Bestimmungen im Gesetzestext verwiesen.
Die Änderungen sehen vor, dass der Kreditgeber künftig alle notwendigen
Pflichtangaben direkt in der Widerrufsinformation aufzählen muss. Durch
den Abgleich mit den vorgelegten Unterlagen können Verbraucher dann feststellen,
ob und wann die Widerspruchsfrist zu laufen begonnen hat, ohne noch einmal im
Gesetz nachschauen zu müssen.
(Vom 2021-01-01 00:00:51, ID: DE20210101)
Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der
Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche
Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung
des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann
der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel
stets, nach Auszahlung fristlos kündigen. Ein Überschreiten dieser
Wesentlichkeitsgrenze kann jedoch erst dann angenommen werden, wenn die Prognose
ergibt, dass die drohende oder eingetretene wirtschaftliche Verschlechterung
nicht nur vorübergehend ist.
Neben der Prüfung der Vermögensverhältnisse hat auch eine Überprüfung
der vereinbarten Sicherheiten vor dem Hintergrund zu erfolgen, ob auch bei der
Verwertung dieser Sicherheiten der Anspruch der Bank gefährdet ist. Ergibt
diese Überprüfung, dass auf Dauer keine Gefahr für die Werthaltigkeit
der Sicherheiten besteht, kann der Darlehensvertrag nicht gekündigt werden.
(Vom 2021-01-01 00:00:50, ID: DE20210102)
Die Angabe in einem Maklerexposé, ein Gebäude sei "mit wenigen
Handgriffen bereit, neue Besitzer zu beherbergen" stellt keine Beschaffenheitsgarantie
bezüglich des Wohn- und Sanierungsstandards dar. Enthält der notarielle
Kaufvertrag keine Angaben zur geschuldeten Beschaffenheit eines Grundstücks,
kann der Käufer nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer eine solche
mit ihm vereinbaren wollte.
Zwar gehören nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zur Sollbeschaffenheit
einer Kaufsache auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen
Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen erwarten darf.
Dazu zählen auch Angaben in einem vom Verkäufer selbst oder von einem
Makler erstellten Exposé. Die Annahme eines Sachmangels wegen des Fehlens
einer Eigenschaft der Kaufsache, die der Käufer erwarten kann, setzt nicht
voraus, dass diese Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag Erwähnung
findet. Das vom Makler erstellte Verkaufsexposé enthält aber keine
Beschaffenheitsangabe oder -garantie in diesem Sinne, die zu einer Haftung des
Maklers für die vom Hauskäufer nach dem Erwerb des Grundstücks
ausgeführten Putz- und Elektrikarbeiten führen kann.
Bei der o. g. Angabe in dem Exposé handelt es sich lediglich um eine
allgemeine Anpreisung des Gebäudes ohne konkreten oder näher bestimmbaren
Aussagegehalt. Es kann nicht als konkrete Zustandsbeschreibung verstanden werden,
mit dem Inhalt, dass grundsätzlich keine Renovierungs- und Sanierungsarbeiten
am Gebäude zur Erreichung eines modernen Wohnstandards mehr erforderlich
sind. So enthält das Verkaufsexposé u. a. den ausdrücklichen
Hinweis darauf, dass der Zustand des 1920 errichteten Gebäudes renovierungsbedürftig
sei.
(Vom 2021-01-01 00:00:49, ID: DE20210103)
Zur Errichtung von drei Wohnhäusern wurde einem Grundstückseigentümer
eine Baugenehmigung erteilt. Für das Bauvorhaben war es erforderlich, dass
eine auf dem Grundstück befindliche Wallhecke entfernt werden musste. Die
zuständige Naturschutzbehörde wehrte sich mit einer für sofort
vollziehbar erklärten Untersagungsverfügung gegen die Beseitigung
der Hecke. Daraufhin stellte der Eigentümer einen Antrag auf Eilrechtsschutz
gegen die Verfügung. Das Verwaltungsgericht Oldenburg wies den Antrag zurück.
Dagegen richtete sich die Beschwerde des Grundstückseigentümers.
Gemäß der "Schlusspunkttheorie" stellt die Baugenehmigung
- soweit die Prüfpflicht der Bauaufsichtsbehörde reicht - eine umfassende
öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung dar und gibt den Bau
frei. Weil die Bauaufsichtsbehörde im bauaufsichtlichen Verfahren über
die Baugenehmigung erst entscheiden darf, wenn andere Genehmigungen, Zustimmungen,
Bewilligungen oder Erlaubnisse beantragt und erteilt sind, geht von einer einmal
erteilten Baugenehmigung die Feststellungswirkung aus, dass das genehmigte Vorhaben
sämtliche im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen
Anforderungen erfüllt. D. h., es sind auch keine anderen Genehmigungen,
Zustimmungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse mehr erforderlich.
Die Richter des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg entschieden am 30.9.2020
zugunsten des Grundstückseigentümers. Die Untere Naturschutzbehörde
darf auf naturschutzrechtlicher Ermächtigungsgrundlage keine Maßnahmen
gegen den Bauherren treffen, die einem Ausnutzen der Baugenehmigung entgegenstehen.
(Vom 2021-01-01 00:00:48, ID: DE20210104)
Die tatsächliche Durchführung von Kleinstaufträgen ("Mikrojobs")
durch Nutzer einer Online-Plattform ("Crowdworker") auf der Grundlage
einer mit deren Betreiber ("Croudsourcer") getroffenen Rahmenvereinbarung
kann ergeben, dass die rechtliche Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren
ist.
Dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 1.12.2020 lag folgender Sachverhalt
zugrunde: Ein Unternehmen kontrolliert im Auftrag seiner Kunden die Präsentation
von Markenprodukten im Einzelhandel und an Tankstellen. Die Kontrolltätigkeiten
selbst lässt es durch "Crowdworker" ausführen. Deren Aufgabe
besteht insbesondere darin, Fotos von der Warenpräsentation anzufertigen
und Fragen zur Werbung von Produkten zu beantworten. Auf der Grundlage einer
"Basis-Vereinbarung" und allgemeiner Geschäftsbedingungen bietet
das Unternehmen die "Mikrojobs" über eine Online-Plattform an.
Über einen persönlich eingerichteten Account kann jeder Nutzer der
Online-Plattform auf bestimmte Verkaufsstellen bezogene Aufträge annehmen,
ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein. Übernimmt der "Crowdworker"
einen Auftrag, muss er diesen regelmäßig binnen zwei Stunden nach
detaillierten Vorgaben des "Crowdsourcers" erledigen.
Die Arbeitnehmereigenschaft hängt davon ab, ob der Beschäftigte weisungsgebundene,
fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet. Zeigt
die tatsächliche Durchführung eines Vertragsverhältnisses, dass
es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung
im Vertrag nicht an.
Die dazu vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann
ergeben, dass "Crowdworker" als Arbeitnehmer anzusehen sind. Für
ein Arbeitsverhältnis spricht es, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit
über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer
infolgedessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten
kann.
Im entschiedenen Fall leistete der "Crowdworker" in arbeitnehmertypischer
Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit.
Zwar war er vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten des Unternehmens verpflichtet.
Die Organisationsstruktur der betriebenen Online-Plattform war aber darauf ausgerichtet,
dass über einen Account angemeldete und eingearbeitete Nutzer kontinuierlich
Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge
annehmen, um diese persönlich zu erledigen.
(Vom 2021-01-01 00:00:47, ID: DE20210105)
Die betriebsbedingte Kündigung von Stammarbeitnehmern ist wegen alternativer
Beschäfti-gungsmöglichkeiten unwirksam, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer
beschäftigt, mit denen er ein nicht schwankendes, ständig vorhandenes
(Sockel-)Arbeitsvolumen abdeckt. Dieses entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts
Köln (LAG) am 2.9.2020.
Den Richtern des LAG lag dazu folgender Sachverhalt vor: Ein Automobilzulieferer
beschäftigte neben 106 Arbeitnehmern auch Leiharbeitnehmer. Weil ein Auftraggeber
das Volumen seiner Autoproduktion reduzierte, sprach der Zulieferer wegen des
dadurch bei ihm entstehenden Personalüberhangs fünf Stammarbeitnehmern
betriebsbedingte Kündigungen aus. In den knapp zwei Jahren vor Ausspruch
der Kündigungen wurden sechs Leiharbeitnehmer fortlaufend mit nur wenigen
Unterbrechungen (etwa zum Jahresende oder während der Werksferien) im Betrieb
eingesetzt.
Die Kündigungsschutzklagen hatten Erfolg. Die Richter führten in
ihrer Begründung aus, dass die gekündigten Arbeitnehmer auf den Arbeitsplätzen
der Leiharbeitnehmer hätten weiterbeschäftigt werden können.
Diese sind als freie Arbeitsplätze anzusehen. Leiharbeitnehmer, die fortlaufend
beschäftigt würden, sind nicht als Personalreserve zur Abdeckung von
Vertretungsbedarf im Unternehmen eingesetzt.
(Vom 2021-01-01 00:00:46, ID: DE20210106)
Arbeitsbereitschaft ist ebenso wie Bereitschaftsdienst eine vergütungspflichtige
Arbeitsleistung. Der Bereitschaftsdienst muss aber nicht wie Vollarbeit vergütet
werden. Die Arbeitsvertragsparteien können für diese Sonderform der
Arbeit ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vereinbaren.
Dies gilt auch dann, wenn der Bereitschaftsdienst zusammen mit der regulären
Arbeitszeit die wöchentliche Höchstarbeitszeit des Arbeitszeitgesetzes
überschreitet. Bereitschaftsdienst, den der Arbeitgeber nicht hätte
anordnen dürfen und den der Arbeitnehmer dennoch leistet, bleibt Bereitschaftsdienst
und wird nicht etwa von selbst zu voller Arbeitsleistung mit einem entsprechenden
Vergütungsanspruch. Hat die Ableistung der Bereitschaftsdienste gegen öffentlich-rechtliche
Arbeitsschutzvorschriften verstoßen und waren die zugrundeliegenden Anordnungen
nichtig, führt dies nicht zur Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung.
Die Vorschriften zur Arbeitszeit, den Ruhepausen, zur Ruhezeit usw. dienen
dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und sollen ihn vor einer die Gesundheit
gefährdenden Überbeanspruchung bewahren. Eine angemessene Vergütung
der Arbeit wollen sie dagegen nicht sicherstellen. Dem Ziel des Gesundheitsschutzes
steht es grundsätzlich entgegen, finanzielle Anreize für eine Überschreitung
der Arbeitszeitgrenzen zu setzen, indem beispielsweise die geringere Bereitschaftsdienstvergütung
auf den Stundenlohn für Vollarbeit angehoben wird.
(Vom 2021-01-01 00:00:45, ID: DE20210107)
Wer gesetzlicher Erbe ist - also zum Beispiel die Kinder des Erblassers -,
aber vom Erblasser enterbt wird, kann grundsätzlich immer noch den sogenannten
Pflichtteil beanspruchen. Der Pflichtteil ist halb so groß wie der gesetzliche
Erbteil. Wenn der Erblasser also nur ein Kind hinterlässt, das nach der
gesetzlichen Erbfolge Alleinerbe wäre, kann es im Falle der Enterbung immer
noch die Hälfte des Erbes beanspruchen.
Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. Nach dem Gesetz kann
der Pflichtteil entzogen werden, wenn der potenzielle Erbe sich einer schweren
Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahestehende Person schuldig macht
- ohne dass eine mehrjährige Freiheitsstrafe verhängt werden muss
- oder wenn er seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser böswillig
verletzt.
(Vom 2021-01-01 00:00:44, ID: DE20210108)
Die "Düsseldorfer Tabelle" ist Richtlinie und Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts verwendet. Zum 1.1.2021 wurden die Regelsätze angepasst und betragen nun bei einem Nettoeinkommen des/der Unterhaltspflichtigen bis 1.900 €:
- 393 € für Kinder von 0 - 5 Jahren,
- 451 € für Kinder von 6 - 11 Jahren,
- 528 € für Kinder von 12 - 17 Jahren und
- 564 € für Kinder ab 18 Jahren.
Die gesamte Tabelle befindet sich auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter https://www.olg-duesseldorf.nrw.de - Schnellzugriff - Düsseldorfer Tabelle.
(Vom 2021-01-01 00:00:43, ID: DE20210109)